Bei einer Unternehmensnachfolge übernimmt der Nachfolger ein bestehendes und funktionierendes Unternehmen und führt es weiter. Dabei stellt der Unternehmensnachfolger von Anfang an sein unternehmerisches Können unter Beweis: Seine Aufgabe ist es, die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu sichern, bestehende Kunden weiterhin zufriedenzustellen, neue Kunden hinzuzugewinnen und die Arbeitsplätze im Unternehmen zu sichern. Kein leichtes Unterfangen. Denn die großen Vorteile einer Unternehmensnachfolge kommen nur dann zum Tragen, wenn der Unternehmensnachfolger selbst bestimmte Voraussetzungen mitbringt.
Beratung der Unternehmensnachfolge
Eine Unternehmensnachfolge ist keine Kleinigkeit, typische Fragestellungen sollten geprüft und beantwortet werden:
- Wie gestalten sich der Übernahmevertrag (Kauf-, Pacht-, Schenkungsvertrag)?
- Wie sehen die gesetzlichen Verpflichtungen zur Übernahme aller Rechte und Pflichten aus bestehenden Arbeitsverhältnissen aus?
- Wie sehen die gesetzlichen Verpflichtungen zur Übernahme der Haftung für (Alt-) Verbindlichkeiten aus?
- Wie sehen die gesetzlichen Verpflichtungen zur Übernahme der Haftung für betriebsbedingte Steuern aus?
- Wie sehen die gesetzlichen Verpflichtungen zur Übernahme für Garantie- und Gewährleistungen aus?
- Wie lässt sich ein realistischer Unternehmenswert und -preis ermitteln?
- Wie kann der Kaufpreis finanziert werden?
- Wie sollte die Übergabephase gestaltet werden?
Typische Nachfolge-Probleme sind vor allem auch die nachfolgenden:
- Höhe des Kaufpreises ist nicht angemessen
- Lassen Sie das Kaufpreisangebot in jedem Fall von externen Gutachtern (u.a. Fachverband, Kammer, Wirtschaftsprüfer, Unternehmensberater) prüfen.
- Finanzierung und Businessplan nicht gründlich vorbereitet
- Werden hier die Weichen falsch gestellt, gefährdet dies das gesamte Unternehmen. Insofern muss so früh wie möglich kompetente Beratung einbezogen werden..
Planung der Unternehmensnachfolge
Eine Unternehmensnachfolge wird auf Grundlage eines bestehenden Unternehmens geplant. Der Nachfolger muss sich daher ein genaues Bild über den Ist-Zustand des Unternehmens machen und darauf aufbauend seine Vorstellungen über den Soll-Zustand also die zukünftige Entwicklung des Unternehmens, ausarbeiten.
Die Vorstellung, ein Unternehmen zu übernehmen und sich dann auf den Lorbeeren des Vorgängers auszuruhen, ist nicht realistisch. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, muss sich das Unternehmen unter Ihrer Führung weiter entwickeln.
Auch bei der Unternehmensübertragung innerhalb der Familie sollte die Nachfolgerin oder der Nachfolger gemeinsam mit einem Rechtsanwalt und Steuerberater ein überzeugendes Unternehmenskonzept erarbeiten. Die Erfahrungen des Übergebers müssen dabei mit einfließen. Allerdings muss allen Beteiligten bewusst sein, wer nach der Übertragung „das Sagen“ im Betrieb hat. Unter Umständen sollte frühzeitig ein Moderator einbezogen werden. Darüber hinaus müssen auch eventuelle Ausgleichszahlungen an mögliche Miterben berücksichtigt werden.
Bevor Sie gemeinsam mit Ihren Beratern einen detaillierten Businessplan erstellen, sollten Sie zunächst die Rahmenbedingungen klären:
Wollen Sie das Unternehmen
- im Wesentlichen so wie Ihr Vorgänger weiterführen?
- in bestimmten Bereichen verändern/ausbauen?
Wollen Sie das Unternehmen
- allein
- gemeinsam mit einem Partner
- für eine bestimmte Phase gemeinsam mit dem Alt-Inhaber führen?
Wollen Sie das Erscheinungsbild des Unternehmens
- so lassen wie es ist?
- langsam modernisieren?
- direkt nach der Übernahme komplett verändern?
Bewertung des Unternehmens für die Unternehmensnachfolge
In der Unternehmensbewertung liegt häufig ein Grund für Differenzen zwischen dem Altinhaber und dem Unternehmensnachfolger: Der Nachfolger möchte natürlich einen möglichst geringen Kaufpreis zahlen. Der Unternehmer dagegen überschätzt häufig den Wert seines Unternehmens. Das ist nachvollziehbar und verständlich, da er in das Unternehmen viele Jahre der Mühe und Arbeit eingebracht hat.
Außerbetriebliche Faktoren berücksichtigen
Bei der Kaufpreisermittlung spielen nicht nur der Unternehmenswert bzw. die betrieblichen Faktoren eine wichtige Rolle, sondern auch außerbetriebliche Faktoren wie
- Alter des Erwerbers
- Finanzielle Lage des Veräußerers und des Erwerbers
- Risikobereitschaft des Erwerbers und
- alternative Angebote
Beratung einbeziehen
Die Beurteilung des Unternehmenswertes ist keine Kleinigkeit und muss sehr sorgfältig und für alle Beteiligten nachvollziehbar von statten gehen. Von daher sollte nach Möglichkeit ein Gutachter der zuständigen Kammer, Unternehmensberater oder ein Wirtschaftsprüfer hinzugezogen werden.
Methoden der Unternehmensbewertung
Wie bei jeder Ware entscheiden Angebot und Nachfrage über die Höhe des Preises. Im konkreten Einzelfall spielt dann natürlich noch das Verhandlungsgeschick des Käufers und Verkäufers eine ausschlaggebende Rolle. Um den Einstieg in die Verhandlung zu erleichtern, gehen beide von einer Verhandlungsbasis aus. Diese lässt sich über verschiedene Wege ermitteln:
Die Rechtsprechung wendet beispielsweise die Ertragswertmethode an, wenn ausscheidende Gesellschafter abgefunden werden müssen. Familiengerichte berechnen wiederum für Zugewinnansprüche den Unternehmenswert aus der Hälfte von Substanz- und Ertragswert. An diese Vorgaben halten sich beauftragte Gutachter (z. B. Wirtschaftsprüfer).
Für die Unternehmensbewertung existieren also eine Vielzahl von Methoden, die zu unterschiedlichen Werten für das Unternehmen führen. Dabei kann man grob zwischen den folgenden Methoden unterscheiden:
Vergleichswertverfahren: Was kosten die anderen?
In Branchen, in denen Unternehmensübertragungen vergleichbarer Unternehmen häufig sind z. B. freiberufliche Praxen, Gastronomie-Betriebe, Brauereien, Reinigungen usw. werden als Verhandlungsbasis meist die Preise bisheriger Transaktionen herangezogen. Die Daten werden dabei von branchengleichen Unternehmen herangezogen, die ähnliche oder fast deckungsgleiche Kennziffern aufweisen. Die Daten können über die entsprechenden Verbände, Kammern oder spezialisierte Unternehmensberater ermittelt werden. Vor allem bei kleinen und mittleren Unternehmen ist die Preisermittlung über Vergleichsdaten üblich.
Ertragswertmethode: Die (zukünftigen) Gewinne des Unternehmens stehen im Vordergrund
Diese Herangehensweise spielt beim Unternehmenskauf bzw. -verkauf die wichtigste Rolle. Im Vordergrund steht die zukünftige Ertragskraft des Unternehmens. Auch für Banken hat dieser Aspekt wesentlich mehr Bedeutung als die Unternehmenssubstanz: Denn nur eine entsprechende „Verzinsung“ des Kaufpreises in Form zukünftiger Unternehmensgewinne, bietet die Sicherheit, dass der Nachfolger das zur Kaufpreisfinanzierung aufgenommene Darlehen inklusive Zinsen auch zurückzahlen kann.
Discounted-Cash-Flow-Methode (DCF-Methode): Variante der Ertragswertmethode
Sie wird vor allem bei größeren (börsennotierten Gesellschaften) angewandt. Sie ist als Argumentationshilfe und für Entscheidungen geeignet, weniger jedoch für Schiedswerte. Im Unterschied zum Ertragswertverfahren werden hier nicht die zukünftigen Gewinne, sondern der zukünftige abgezinste Cash-Flow zu Grunde gelegt. Der Cash-Flow zeigt an, wie viel eigen erwirtschaftetes Geld dem Unternehmen für Investitionen, Kredittilgung, Steuern, Ausgleich von Liquiditätsengpässen usw. zur Verfügung steht.
Bewertungsverfahren nach dem AWH-Standard
Um den besonderen Gegebenheiten kleiner und mittlerer Handwerksbetriebe Rechnung zu tragen, hat die Arbeitsgemeinschaft der Wert ermittelnden Betriebsberater im Handwerk (AWH) in Anlehnung an die Ertragswertmethode ein Bewertungsverfahren entwickelt, das insbesondere folgende Besonderheiten berücksichtigt:
– die starke Beeinflussung der Ertragslage durch die Inhaberpersönlichkeit
– die finanziellen Gestaltungsoptionen durch Haftungsverflechtung von Privat- und Betriebsvermögen
– die mangelnden betriebswirtschaftlichen Planungsmethoden
– das begrenzte Budget für den Bewertungsaufwand
Substanzwertmethode:
Der Wert der einzelnen Vermögensgegenstände wie z.B. Grundstücke, Maschinen und Vorräte stehen im Vordergrund
Das Substanzwertverfahren spielt bei der Unternehmensbewertung eine untergeordnete Rolle, da es nichts über die zukünftigen Erträge aussagt. Es ergibt in erster Linie einen Hilfswert, der zur Ermittlung des Finanzbedarfs für die Ertrags- bzw. Einnahmenüberschussrechnung dient. Außerdem hat die Substanz Bedeutung für die Besicherung von Bankdarlehen.
Kombination von Ertrags- und Substanzwertverfahren In der Praxis werden Ertragswert- und Substanzwertverfahren meist kombiniert, wobei der Ertragswert – in der Regel – zu 90 Prozent den Kaufpreis bestimmt, der Substanzwert dagegen nur zu 10 Prozent. Eine Ausnahme bilden Unternehmen, deren Substanz tatsächlich von besonders hohem Wert ist wie beispielsweise Immobiliengesellschaften.
Firmenwert oder Good Will
Beim Firmenwert oder Good Will handelt es sich um den ideellen Wert des Unternehmens. Dazu gehören beispielsweise der Ruf des Unternehmens, das Unternehmens-Know-how, die Qualifikation der Mitarbeiter, das Betriebsklima, der Kunden- und Lieferantenstamm oder auch die betriebliche Organisation.
Auch wenn für Banken allgemein die Ertragskraft eines Unternehmens entscheidend ist, so wird die Einschätzung der zukünftigen Erträge oder die Berücksichtigung der Unternehmenssubstanz doch von Bank zu Bank unterschiedlich gehandhabt.
Ein ganz anderer Wert, nämlich der Verkehrswert, dient wiederum als Grundlage, zur Berechnung von Pflichtteilsansprüchen oder Abfindungsansprüchen für weichende Gesellschafter. Wenn also ein Erbe wegen einer qualifizierten Nachfolgeklausel im Gesellschaftsvertrag nicht Gesellschafter werden kann. Im Erbrecht kann der Erblasser den Unternehmenswert festlegen bzw. ein bestimmtes Bewertungsverfahren vorgeben.
Wird die Unternehmensübertragung über Kredite finanziert, muss sichergestellt sein, dass genügend „Luft“ bleibt, um Zins- und Tilgungszahlungen sowie alle weiteren unternehmerischen Verbindlichkeiten zu begleichen. Banken achten bei ihrer Kreditentscheidung vor allem auf die Ertrags- und die damit verbundene Kapitaldienstfähigkeit des Unternehmens. Dies muss bei den Preisverhandlungen berücksichtigt werden.
Übergabe des Unternehmens iRd Unternehmensnachfolge
Je nachdem, ob als Sohn oder Tochter, als Mitarbeiterin oder Mitarbeiter des Unternehmens oder als externer Übernehmer die Führung übernommen werden soll, ergeben sich bei einer Nachfolge unterschiedliche Konstellationen.
Während des Übergabeprozesses muss der Nachfolger die Initiative für den Rollenwechsel übernehmen. Das betrifft sowohl Ihre unternehmerischen Pläne als auch die Rolle des Seniors nach dem „Stabwechsel“. Es gehört auch zu Ihren Aufgaben, Gespräche mit den verschiedenen Partnern anzuregen, Vorschläge hinsichtlich der Rollenverteilung zu machen und die Gespräche zu führen. Damit stellen Sie auch die Fähigkeit zur unternehmerischen Initiative unter Beweis.
Unternehmerische Visionen entwickeln
Ein wichtiger Punkt, der den Übernahmeprozess stocken lässt, ist die oftmals fehlende Vision der Nachfolgerin bzw. des Nachfolgers. Was möchten Sie persönlich und unternehmerisch langfristig erreichen? Dabei geht es nicht nur um die Erhöhung der Umsatzzahlen, die Verbesserung der Produkt- und Servicequalität oder die Expansion des Unternehmens. Auch übergeordneten Ziele bzw. Werte spielen eine wichtige Rolle: Auf welche Weise kann das Unternehmen zum Beispiel Ihr soziales Engagement oder Umweltbewusstsein, Ihre Vorstellungen von Mitarbeiterpartizipation und zukunftsweisenden Führungsmodellen zum Ausdruck bringen? Die Identität des Unternehmens wird maßgeblich durch die persönlichen Werte und Ziele der Inhaberin oder des Inhabers bestimmt. Nur auf diese Weise können sich Nachfolger und Mitarbeiter (pdf, 108 kB) mit ihrer Arbeit bzw. ihrem Unternehmen identifizieren.
Tipps für die familieninternen Nachfolge
Ist es tatsächlich Ihr Wunsch als Sohn oder Tochter das Unternehmen Ihrer Eltern zu übernehmen? Oder geht es vor allem darum, den Erwartungen Ihrer Eltern zu entsprechen und die Familientradition fortzusetzen? Klären Sie, auch mit Hilfe externer Unterstützung, ob Sie willens und in der Lage sind den elterlichen Betrieb zu übernehmen.
Tipps für die externe Nachfolge
Eine externe Nachfolgerin bzw. ein externer Nachfolger muss sich der Unternehmerfamilie erst beweisen und sich seine Autorität ihr und der Belegschaft gegenüber erst erarbeiten, vor allem dann, wenn Familienmitglieder noch im Unternehmen arbeiten.
Wer als Angestellter das Unternehmen seines Chefs übernimmt, tritt in den dafür notwendigen Gesprächen nicht mehr als Angestellter, sondern als gleichberechtigter Geschäftspartner auf. Das heißt, er oder sie kann und muss seinem Gegenüber womöglich auch widersprechen und sich durchsetzen. Dies ist kein einfacher Rollenwechsel, auch nicht für den Inhaber, der lernen muss in seinem bislang weisungsbefugten Angestellten seinen zukünftigen Nachfolger zu sehen und dessen Entscheidungen zu akzeptieren.