Das Wirtschaftsrecht ist dynamisch und wird von nationalen, europäischen und globalen Veränderungen geprägt. Hier sind die aktuellen Entwicklungen, die besonders relevant für Unternehmen und juristische Fachkreise sind:


1. Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG)

  • In Kraft seit: 1. Januar 2023
  • Kerninhalte:
    • Unternehmen mit Sitz in Deutschland und mehr als 3.000 Mitarbeitenden (ab 2024: 1.000 Mitarbeitende) müssen sicherstellen, dass Menschenrechte und Umweltstandards in ihren Lieferketten eingehalten werden.
    • Verpflichtung zur Risikoanalyse, Einführung von Beschwerdemechanismen und Berichterstattung.
    • Sanktionen bei Verstößen: Bußgelder bis zu 2 % des weltweiten Jahresumsatzes.
  • Auswirkungen:
    • Unternehmen müssen umfassende Compliance-Strukturen aufbauen und ihre Lieferketten überprüfen.
    • Die Zusammenarbeit mit Zulieferern wird intensiver, um menschenrechtliche und ökologische Risiken zu minimieren.

2. EU-Digital Markets Act (DMA)

  • In Kraft seit: 2. November 2022
  • Kerninhalte:
    • Der DMA reguliert große digitale Plattformen („Gatekeeper“) und zielt darauf ab, fairen Wettbewerb im digitalen Markt zu fördern.
    • Verpflichtung zu mehr Transparenz und Verbot bestimmter Praktiken, wie die Bevorzugung eigener Produkte.
    • Gatekeeper müssen Drittanbietern Zugang zu Schnittstellen und Plattformen gewähren.
  • Auswirkungen:
    • Große Tech-Unternehmen (z. B. Google, Apple, Amazon) müssen ihre Geschäftsmodelle teilweise anpassen.
    • Chancen für kleinere Wettbewerber, ihre Produkte und Dienstleistungen fairer auf den Markt zu bringen.

3. EU-Digital Services Act (DSA)

  • In Kraft seit: 16. November 2022
  • Kerninhalte:
    • Der DSA regelt die Verantwortlichkeiten von Online-Plattformen für Inhalte und Produkte.
    • Verpflichtung zur Entfernung illegaler Inhalte und Einführung von Transparenzpflichten bei personalisierter Werbung.
    • Plattformen müssen Mechanismen zur Beschwerde und Konfliktlösung schaffen.
  • Auswirkungen:
    • Schutz von Verbrauchern vor schädlichen Inhalten und Produkten.
    • Unternehmen müssen Content-Moderation und Datensicherheitsmechanismen stärken.

4. EU-Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)

  • In Kraft seit: Januar 2024
  • Kerninhalte:
    • Unternehmen müssen detaillierte Nachhaltigkeitsberichte erstellen, die Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekte (ESG) abdecken.
    • Betroffen sind zunächst große Unternehmen; kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) folgen später.
    • Berichte müssen durch unabhängige Dritte geprüft werden.
  • Auswirkungen:
    • Höherer Verwaltungsaufwand für Unternehmen.
    • Fokus auf Nachhaltigkeit und ESG-Strategien wird zum Wettbewerbsvorteil.

5. Reform des deutschen Kartellrechts (11. GWB-Novelle)

  • In Kraft seit: Januar 2023
  • Kerninhalte:
    • Einführung eines „digitalen Wettbewerbsrechts“ zur Bekämpfung von Marktmissbrauch durch große Plattformen.
    • Neue Instrumente zur Entflechtung marktbeherrschender Unternehmen.
    • Stärkung der Durchsetzungsbefugnisse des Bundeskartellamts.
  • Auswirkungen:
    • Erhöhte Kontrolle über digitale Märkte und marktbeherrschende Unternehmen.
    • Unternehmen müssen sicherstellen, dass ihre Geschäftsstrategien keine kartellrechtlichen Risiken bergen.

6. Corporate Governance Entwicklungen

  • Neue Anforderungen an Unternehmensführung:
    • Whistleblowing-Richtlinie: Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitenden müssen interne Meldekanäle für Missstände einrichten.
    • Gender-Quoten: Einführung verbindlicher Quoten für Frauen in Aufsichtsräten großer Unternehmen.
    • Cybersecurity: Verstärkte Vorschriften zur IT-Sicherheit (z. B. NIS-2-Richtlinie).
  • Auswirkungen:
    • Unternehmen müssen Compliance- und Governance-Strukturen überprüfen und anpassen.
    • Strengere Vorgaben erhöhen die Rechenschaftspflicht von Führungskräften.

7. Steuerrechtliche Neuerungen

  • Inflationsausgleichsgesetz: Anpassung der Freibeträge und Steuersätze, um Bürger und Unternehmen bei steigenden Lebenshaltungskosten zu entlasten.
  • Mindestbesteuerung für multinationale Unternehmen: Umsetzung der OECD-Vereinbarung zur globalen Mindeststeuer von 15 % für große Konzerne.
  • Verlustverrechnung: Verbesserte Möglichkeiten zur Verrechnung von Verlusten über mehrere Jahre.

8. Entwicklungen im Arbeitsrecht

  • Recht auf Homeoffice: Diskussion über ein gesetzliches Anrecht auf Homeoffice. Einige Bundesländer und Branchen haben bereits Vereinbarungen getroffen.
  • Arbeitszeiterfassung: Unternehmen müssen die Arbeitszeit ihrer Mitarbeitenden genau erfassen, basierend auf der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs.
  • Mindestlohnanpassung: Der Mindestlohn in Deutschland wurde auf 12,82 Euro pro Stunde angehoben (2025).

Wirtschaftsrecht

Die aktuellen wirtschaftsrechtlichen Entwicklungen stellen Unternehmen vor erhebliche Herausforderungen, insbesondere in den Bereichen Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Compliance. Gleichzeitig bieten sie Chancen, etwa durch die Förderung fairer Wettbewerbsbedingungen und die Stärkung des Verbraucherschutzes. Unternehmen sollten die neuen Regelungen frühzeitig umsetzen und ihre internen Strukturen entsprechend anpassen, um wettbewerbsfähig zu bleiben und rechtliche Risiken zu vermeiden.